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 Galka Scheyer und Die Blaue Vier  

  Lyonel Feininger, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Paul Klee

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Galka Scheyer und Die Blaue Vier

Galka Scheyer und Die Blaue Vier

Lyonel Feininger, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Paul Klee

Herausgegeben von Peter Joch und Bianca Strauß, Städtisches Museum Braunschweig. Mit Texten von Lars Berg, Gilbert Holzgang, Peter Joch, Bianca Strauß, Gloria Williams Sander, Isabel Wünsche

Hirmer Verlag, München 2024, Großformat, Hardcover, 288 Seiten, 230 Farb-Abbildungen,  ISBN 978-3-7774-4332-4, EUR 49,95, in der Ausstellung EUR 49,00

Hauptsponsoren des Katalogs: Volkswagen Financial Services und Ernst von Siemens Kunststiftung

© Buch-Cover: Hirmer Verlag

Galka Scheyer 23.2.-19.5.2024 in Braunschweig

Das Städtische Museum Braunschweig zeigt vom 23. Februar bis zum 19. Mai 2024 eine große Sonderausstellung zur Kunstförderin Galka Scheyer und die revolutionäre Kunst der "Blauen Vier". Rund 140 Werke – darunter Gemälde und Grafiken von Feininger, Jawlensky, Kandinsky, Klee und von Scheyer selbst – sind zu bewundern oder zu entdecken.

Wer sollte den Katalog zur Ausstellung besitzen? Jeder, der sich mit Kunst des 20. Jahrhunderts beschäftigt.

Leben und Wirken der Gaka Scheyer

Alexej von Jawlensky, Stillleben mit Figur und Früchten Abbildung S. 229 Alexej von Jawlensky, Stillleben mit Figur und Früchten, um 1909/10, Öl auf Pappe, Hamburger Kunsthalle © Foto Hirmer Verlag

Das erste Drittel des Katalogs ist dem Wissen gewidmet. Die Beiträge der Autoren beleuchten das, was nur Wenigen bekannt ist. Allein diese Beiträge mit exakten Quellenangaben, Faksimiles von Briefen, mit Zitaten und Fotos, macht diesen Katalog zu einem Nachschlagewerk der besonderen Art.

Beginnend mit dem chronologisch aufgezeichneten Leben der Kunstagentin von Gilbert Holzgang: Geboren 1889 als Tochter eines jüdischen Industriellen in Braunschweig als "Emilie Esther Scheyer", genannt "Emmy", gestorben 1945, nur 56-jährig, als Galka Emmy Scheyer in Hollywood. Galka, das russische Wort für Dohle, nannte Jawlensky seine Vertraute, Sekretärin, Muse und letztendlich zu seinem weltweiten Ruhm verhelfende Managerin. Bis 1916 malte sie selbst, dem Jahr in dem die Vielreisende in der Schweiz Jawlensky kennen lernte.

Bianca Strauß, Kuratorin der Ausstellung, geht detailliert auf Scheyer als unglaubliche Netzwerkerin ein: Um Jawlensky zu promoten, organisierte sie Ausstellungen und Vorträge. Jawlensky empfahl ihr 1919 Paul Klee. Kandinsky begegnete sie am Bauhaus in Weimar, dem "Schmelztigel der Avantgarde", nachdem sie Feininger in Hannover getroffen hatte. Drei Jahre später ludt Rajah von Rubio sie nach New York ein. Die Idee, "Die Blauen Vier" in den USA zu promoten, mündete 1924 in einem Vertrag. Der New Yorker Feininger, in Weimar am Bauhaus wirkende Künstler, legte die englische Marke mit The Blue Four fest. Scheyer zog im selben Jahr nach New York, fand einen Galeristen für die erste Ausstellung der vier Künstler in den USA.

Kandinsky: Kühle Streifen Abbildung S. 233: Wassily Kandinsky, Blau, 1922, Farblithografie, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, © Foto Hirmer Verlag

Weiter ging es an die Westküste: Sie ludt Mäzene und Galeristen, reiche Sammler und gesellschaftlich Wichtige aus der Filmbranche wie Fritz Lang oder die Kunstsammlerin Greta Garbo in ihr Haus in Hollywood ein. Die private Atmosphäre mit Essen und Partys begünstigten die Erfolge der Strippenzieherin: die Geladenen sprachen in ihrem Umfeld nicht nur über die europäische Avantgarde, sondern sie kauften auch. 1931 bekommt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft, nennt sich fortan "Galka Emmy Scheyer". Mit Tausenden von Flyern und Handzetteln sorgt sie für das Bekanntwerden ihrer "Könige". Im Katalog sind sämtliche Aktivitäten detailliert belegt.

Abbildung S. 217: Lyonel Feininger, Regamündung, 1929/30, Öl auf Leinwand, Hamburger Kunsthalle, © Foto Hirmer Verlag

Der Katalog führt nach den Beiträgen zum Leben und Wirken der Gaka Scheyer auf die besonderen Aspekte der Kunstmaklerin:
Teil I: Galka Scheyer als Malerin
Teil II: Galka Scheyer und Alexej von Jawlensky
Teil III: Galka Scheyer, Paul Klee und Ausstellungen in Braunschweig
Teil IV: Galka Scheyer als Kunstagentin der Blauen Vier

Im Anschluss geht es zu den "Themeninseln" der Ausstellung. "Gespielt naiv", "Geometrie der Welt", "Schwankendes Schweben", "Testbild" und "Beschwingt" verdeutlichen die Werke aus jeweiliger thematischer Sicht. 

Fazit zum Katalog "Galka Scheyer und Die Blaue Vier"

Abbildung S. 197: Paul Klee, Gerüst eines Neubaues, 1930, Gouache auf Papier, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Pinakothek der Moderne, © Foto Hirmer Verlag

Auch wer die Ausstellung nicht besucht, sich jedoch für die klassische Moderne zwischen den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert interessiert, für den ist dieser Katalog eine wertvolle Quelle. Vor allem die Persönlichkeit Galka Scheyer fasziniert als Kunstpromoterin. Last not least dürfte so mancher Braunschweiger, so manche Braunschweigerin Künstler neu entdecken, die in ihrer Stadt arbeiteten. Schade nur, dass der auch in Braunschweig geborene, gleichaltrige Zeitgenosse Götz von Seckendorff im Katalog nur kurz erwähnt wird, obwohl das Museum mehrere Werke dieses bereits 1914 im 1. Weltkrieg gefallenen Malers besitzt. Ist doch ein sehr großer Teil der Präsentation dem malenden Umfeld der Galka Scheyer in Braunschweig gewidmet. Aber dies ist nicht dem Katalog anzulasten!

Der Katalog Galka Scheyer und Die Blaue Vier - ist dem Kunst-Freund, -Sammler, Kultur-Interessierten und Kunstmanager zu empfehlen, der mehr als die Kunstagentin, ihre Vermarktungs-Strategie und ihr Umfeld entdecken möchte. Denn dieser Katalog geht weit über die üblichen Informationen zu Ausstellungen hinaus. Hier geht's direkt zum Katalog: Galka Scheyer und Die Blaue Vier - Lyonel Feininger, Alexej von Jawlensky, Wassily Kandinsky, Paul Klee.

Autor: Gerda v. Radetzky

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