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Versicherer im Internet

Im Falle eines Falles bleibt der Kunde verunsichert

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Unsicher im Netz

Versicherer haben den virtuellen Weg zum Kunden noch kaum entdeckt

Spät aber dennoch wachten die Versicherungen auf, um das Internet als Vertriebsweg zu nutzen. Einige Assekuranzen bereiten sich auf die Zeit der digitalen Signatur vor, so dass nicht nur der Online-Antrag, sondern auch der Online-Abschluss einer Police möglich wird. Kooperationen und rein virtuelle Versicherer bringen Bewegung in den Milliardenmarkt.

Das Loveletter-Virus setzte am 4. Mai 2000 Zeichen. Schon einen Tag später meldete der virtuelle Vermittler Onsecure, für nur 1 Mark im Monat könne sich der Surfer gegen die Folgen von Viren oder Rechner-Abstürze schützen. Der Haken bei der Sache: Das Rezept funktioniert nur bis zu einem Versicherungswert von 1.000 Mark. Außerdem war auf der Website der Hamburger nichts vom neuen Produkt zu entdecken. Geschäftsführer Guido Porter verwies an seine Marketingleiterin. Die meinte, die Meldung sei zu früh rausgegangen. Ein Relaunch soll über die Viren-Versicherung hinaus einen PC-Schutzbrief gegen Computer-bedingte Schäden aller Art bieten. Für 600 Mark im Jahr bei maximaler Deckung von 10.000 Mark - selbst für ein Ein-Mann/Frau-Büro erscheint der Deckungsbeitrag als geradezu lächerlich.

Bereits im Dezember 1999 kündete die zur Parion-Gruppe gehörende Gothaer Versicherung mit der Essener Secunet die "Secusure Internet-Versicherung" an, die neben der Wiederherstellung verlorengegangener Daten auch Imageschäden, Umsatzeinbußen und Haftpflichtansprüche Dritter abdeckt. Wer online Genaueres erfahren möchte, hat Pech, außer einer Pressemeldung keine Informationen.

Die US-amerikanische Marsh, weltweit führender Dienstleister für Risiko- und Versicherungsmanagement, stellte im April 2000 die in den Staaten angebotene "Net Secure" gegen Hacker, Viren und andere Internet-Gefahren in Deutschland vor. Der Webauftritt dient der Information und stellt für Kunden über einen geschlossenen Bereich diverse Werkzeuge zur Verfügung.

Schließlich meldete sich Gerling am 11. Mai 2000 mit der "Compact-Versicherung gegen Ertragsausfälle", die durch Viren, Hacker oder Ausfall externer IT-Netze entstehen. Online war auch hier nicht mehr als die Pressemeldung zu ergattern.

 

Versicherer in Sicherheit - wo bleibt der Kunde?

Bei den Virus- oder PC-Versicherungen bestätigt sich das katastrophale Ergebnis, das die Düsseldorfer Ideas to Market (ITM) in der im März 2000 vorgelegten Studie "Die Assekuranz im Internet" feststellte. Von 100 möglichen Prozentpunkten erreichte von den 153 untersuchten Versicherungen der Beste, die Victoria, 76 Punkte vor der Mannheimer mit 72; der Durchschnitt lag bei knapp 36 Punkten. Am erstaunlichsten ist, dass einige Versicherer ihren Auftritt seit der letzten Untersuchung vom November 1998 nicht geändert hatten. Dazu gehört die Münchener Rück, die Nummer 1 im Geschäft mit der Versicherung der Versicherer. Außer der Firmengeschichte erfährt der Nutzer so gut wie nichts, ganz im Gegensatz zu den Online-Auftritten verbundener Gesellschaften wie der Victoria.

Der Konkurrent der Münchener, die Schweizerische Swiss Re, Nummer 2 der Rückversicherer, tritt weltweit in einheitlichem Gewand an, bei gleichzeitiger dezentraler Verwaltung der Inhalte. Das ermöglicht es dem User, sich an einen Swiss Re Partner in seinem Land zu wenden und trotzdem jederzeit mit den aktuellen Informationen des Konzerns versorgt zu sein. Mit maximal drei Klicks ist der User bei jedem anderen Thema auf einer der Länderseiten. Mit einer Auktion freier Kapazitäten rund um Windsturm-, Erdbeben- und Transportrisiken holt der Versicherer seine Kunden ‑ Broker und Erstversicherer ‑ ins E-Business. In der Assekuranz stellen die Online-Abwicklung und das -Auktionsverfahren ein Novum dar.

 

Das Internet - ein riesiger direkter Kundenkanal

Das Internet als Marketing-Instrument verstanden hat die Europäische Reiseversicherung und sich eingenistet auf exakt den Webseiten, die von ihren Kunden häufig besucht werden: Bei Reisebüros, Bahn oder Lufthansa geht's direkt zum Online-Abschluss der ERV.

Dass über Internet-affine Ideen neue Kunden kommen, zeigt der Gerling-Konzern mit der 1999 gegründeten Trusted Shops, um europaweit Konflikte zwischen Shopbetreiber und Kunde zu lösen. Das ursprünglich avisierte Ziel von 50 Shops in 2000 wurde auf das Achtfache angehoben. "Nicht-Lieferung oder Rücksendung der Ware werden durch eine Geld-zurück-Garantie und ein komfortables Online-System pragmatisch und unproblematisch gelöst", betont Managing Director Jean-Marc Noël. Für Gerling lohnt sich das Geschäft doppelt, denn fast alle Shopbetreiber wurden neue Kunden der Sparte Kreditversicherung.

 

Versicherungen für jeden - nur nicht online

Die Öffentlichen Versicherungen präsentieren sich online dem Kunden mit geballtem Auftritt. Sie konkurrieren nicht untereinander, da die Claims gesetzlich regional abgesteckt sind. Von einer gemeinsamen Plattform aus und unter eigenem Domain-Namen ist jede Versicherung erreichbar. Doch für Dr. Karl-Heinz Weinmann, Vorstandsmitglied der Versicherungskammer Bayern VKB, steht das Regionalitätsprinzip, dem die Öffentlichen unterliegen, in klarem Widerspruch zum Internet.

Innerhalb der Auftritte unterscheiden sich die Öffentlichen erheblich voneinander: So ist bei der Feuersozietät Berlin/Brandenburg der Online-Abschluss möglich. Kunden der VKB bekommen um 20 Prozent günstigere Konzertkarten, wenn sie eine bei der VKB abgeschlossene Versicherung in einem virtuellen Ordner ablegen. Damit wollen die Bayern Personalkosten sparen. Zur Zeit baut sie an Extranets für Gewerbekunden wie Makler, Behörden, Kirche und Krankenhaus. Dieser Versicherung dürfte der Sprung von einem konventionellen Allround-Versicherer zu einem Internet-affinen und Kunden bezogenen Online-Anbieter gelingen.

Die Öffentlichen Versicherungen schufen mit Mein-Auto, Mein-Haus und Meine-Vorsorge Themen-Portale, der passende Mehrwert fehlt jedoch. Warum es X Portale sein müssen, kapiert der Häuslebauer und gleichzeitige Autobesitzer, der auch noch eine Lebensversicherung abschließen will, nicht, das Marketing-Potenzial eines geballten Auftritts wurde nicht erkannt.

Hier liegt das wesentliche Manko der meisten Versicherer: Sie denken in Sparten, statt sich am Bedürfnis des Kunden zu orientieren. Der will zur Kfz-Versicherung gleich das Unfall-Angebot und die Werkstatt in der Nähe.

 

Leben im Netz

Die Allianz Lebensversicherungs-AG will vom "elektronischen Prospektständer" zur "elektronischen Kundenbeziehung" avancieren. Größtes Problem ist laut Dr. Gerhard Rupprecht, Vorsitzender des Vorstands, die elektronische Signatur, Deutschland sei der Oberbremser. Das stört die Würzburger Unfall gar nicht. Sie lässt sich über E-Cash-Bezahlung online abschließen. Das erste auf das Internet zugeschnittene Allianz-Leben-Produkt wendet sich an die erwachsenen Kinder ihrer rund vier Millionen Kunden: eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung. Wollen die dazu für's Auto, Haus, Leben oder Rechtsschutz eine Police, so müssen sie sich durchklicken, einen Warenkorb hat die Allianz nicht.

Die Mannheimer AG Holding will im Herbst 2000 mit der Internet Insurance Lebensversicherung Renten-, Kapital- und Risikoversicherungen online verkaufen, mittel- bis langfristig europaweit auch Sach- und Krankenversicherungen. Bisher verließ sich die Mannheimer auf Vermittler, bei der Internet-Leben geht's direkt. "Wenn wir nicht schnell genug sind, könnten uns Branchenfremde aus dem Ausland Konkurrenz machen", meint Dr. Sabine Jinschek, verantwortlich fürInvestor Relations.

Die Konkurrenz aus dem Ausland ist bereits da: Die zur Credit Suisse Group gehörende Winterthur weitet ihre Länder-spezifischen Websites zur "Webinsurance" ständig aus. In der Schweiz bietet sie Auto, Reise und Rechtsschutz mit 20 Prozent Online-Rabatt, dazu eine Lebensversicherung. In Italien und Frankreich lassen sich der Hausrat, in Spanien und Portugal eine Reise mit Online-Discount per Kreditkarte absichern, in England gibt's Kfz-Versicherung und Hypothekendarlehen. Sobald die elektronische Signatur durch ist, dürfte sich auch der Deutsche webversichern können.

Der Schweizer Versicherer Basler, der normalerweise nicht direkt verkauft, vertreibt in Deutschland ein nur online buchbares Paket aus Unfall-, Haftpflicht-, Hausrat- und Auslandskrankenversicherung; die Versicherung geht damit als eine der wenigen vom Bedarf des Kunden aus. Wer darüber hinaus etwas wissen möchte, wird prompt bedient: Kaum ist die Telefonnummer eingetippt, meldet sich eine freundliche Stimme. Der Direkt-Versicherer Hannoversche Leben schaffte das direkte Telefon wieder ab, weil man dazu mehr Personal hätte einstellen müssen...

Rein virtuell will das Leben, vorerst in Holland, die Basic-Life, Tochter der ASR-Gruppe, einem der dort führenden Allround-Versicherer. Sie ließ die als Administrator beauftragte Siemens Business Services gemeinsam mit der US-amerikanischen GeneraLife deren virtuelles Modell auf die Belange einer europäischen Gesellschaft zuschneiden. GeneraLife brachte die weltweit erste reine Online-Lebensversicherung. Alle Kontakte zu den 4.500 Maklern laufen ausschließlich elektronisch. Pro Monat gehen mehr als 8.000 Anträge ein.

Inzwischen startete in Deutschland die im Oktober 1999 ans Netz gegangene virtuelle holländische INEAS mit der Haftpflicht. Eine Wahl in puncto Deckungsbeitrag oder Selbstbehalt gibt es nicht, die Informationen sind sehr spärlich. 

Seit es den Betriebskrankenkassen erlaubt ist, auch betriebsfremde Kunden zu bedienen, verstärken sie den Internet-Vertrieb. Online bieten sie über ihren Essener Verband jetzt schon etwas, was im Netz vorwiegend bei Business-to-Business-Plattformen zu finden ist: Coopetition, die Kooperation mit der Konkurrenz. Hier lassen sich nicht nur die Tarife jeder der rund 350 BKKs erfahren, sondern auch Anträge stellen.

Erklärtermaßen direkt arbeitet die Europa. Bis zu fünf Ergebnisse von Online-Berechnungen lassen sich grafisch darstellen - bisher einmalig in der deutschen Versicherungslandschaft.

Noch sind die Würfel nicht gefallen. In den U.S.A. kann man einerseits bei Ebix.Com den Preis eingeben, den man gewillt ist, für eine Krankenversicherung zu bezahlen, und darauf hoffen, dass eine Versicherung anbeißt. Andererseits sind die deutschen Dependancen der New Yorker Marsh über die Website der Company per E-Mail nicht erreichbar. Spezialversicherer wie die Hiscox halten sich online vornehm zurück. Hier geht es erst bei Werten ab 300.000 Mark von Kunst, Haus oder Yacht los. Die Online-Anfrage ja, aber ein Abschluss? Das funktionierte, wenn der Kunde seine Objekte über eine Web-Kamera dem Versicherer zeigen dürfte. Technisch machbar ist wesentlich mehr, als von den Assekuranzen geboten wird.

 

Makler als Konkurrent der Versicherungen?

Laut einer Studie der Frankfurter Marktforscher Forit werden 2004 hierzulande Versicherungen im Wert von 26,5 Milliarden Mark über das Internet abgeschlossen. An diesen Kuchen wollen auch die Makler. Aspect-Online, als einer der ersten seit 1996 im Netz und im April 2000 für knapp 100 Millionen Mark von der britischen Exchange Holdings übernommen, bietet Vergleichsrechner zu diversen Sparten zu einigen Versicherern - mit Abschlussmöglichkeit. Bei etlichen Vergleichen muss sich der Onliner zu erkennen geben, bevor er eine Antwort von den Gersthofenern erhält, und das nur per E-Mail, nicht online ad hoc.

Mit eigenem Kapital arbeitet die 1990 gegründete Gilchinger Versdirekt. Über Versicherungsvergleich.de werden sämtliche Tarife fast sämtlicher Versicherer gelistet. Gründer Rainer Smieskol will neben der Provision an eigenen Nischenprodukten wie einer Hundeversicherung verdienen.

Die Pluralform Versicherungsvergleiche.de hat sich die Weilheimer Versicherungsmakler Assekuranz-Consult gesichert. Unter Assekuranzservice.de firmiert der Rosenheimer Makler Rainer Taschner. Dessen Wohngebäudeversicherung dürfte die erste Allgefahren-Deckung sein, die ausschließlich über das Internet betreut wird.

Bei der einsurance werden die Vergleiche in Echtzeit von 41 Versichererungen übernommen, die sie online zu Kfz-, Haftpflicht- und Krankenversicherung zur Verfügung stellen. Leben, Unfall und Berufsunfähigkeit sollen folgen.

An Assekuranzpolicen ist auch Broker NetIpo interessiert. Er hält seit April 2000 rund 15 Prozent an der InsuranceCity. Die Bad Homburger bieten dem Surfer die Möglichkeit, in 18 Sparten einen Vertrag online abzuschließen. Die Vergleiche gelingen ruck-zuck, nur die nötigsten Angaben sind einzugeben.

Der neueste unter den Maklern bietet neben dem Online-Vergleich die persönliche Beratung an. Mit neuester Videotechnik lockt die Asuro Kunden tiefer in die Website.

Die etablierte Macht will die Hamburger FinanceScout24 durchbrechen. Sämtliche Versicherungen von der Aachener bis zur Züricher sind in die Vergleiche zu Leben, Kranken, Kfz, Haftpflicht, Rechtsschutz und Unfall einbezogen. In der sich schnell aufbauenden Ergebnisliste werden leider nur die Top Fünf gezeigt. Hier besticht wie bei Versdirekt, dass sich der Nutzer erst zu erkennen geben muss, wenn er eine Versicherung abschließen will.

 

Der Kunde bestimmt im virtuellen Leben die Richtung - nicht der Versicherer

"Zunächst muss der Kunde gewonnen werden," meint Allianz-Vorstand Dr. Rupprecht. Vielleicht wie bei der Versdirekt: Hier kann auch der Nichtkunde die Termine eingeben, zu denen er erinnert werden möchte. Der Makler erfährt so ganz nebenbei, wer welche Versicherungen hat und kann ein individuelles Angebot zuschneiden. Oder wie wär's über Suchmaschinen wie Altavista, Yahoo oder Google? Davon haben die meisten Versicherer noch nichts gehört, obwohl dies ein immer wichtiger werdender Kundenkanal im Marketing-Mix wird. Glaspaläste müssen schön sein, doch die Transparenz haben die Makler begriffen - die Versicherer müssen aufpassen, dass sie nicht eines Tages nur noch Zulieferer für Branchenfremde wie FinanceScout24 sind.

Autor: Gerda von Radetzky, gekürzte Version einer Veröffentlichung in Screen Business Online, 2000

Dieser Artikel wurde u.a. zitiert von Prof. Dr. Mario Fischer, FH Würzburg, im Artikel: "Marktplätze im Web für Privatversicherungen".

 

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